The Long Horse Ride – Megan Lewis

Die Britin Megan Lewis reitet von Peking nach London. Seit 2008 ist sie schon unterwegs und wird am 23. Juli 2012 bei ihrer Ankunft in London 8.000 Meilen zurückgelegt haben.
Manchmal hat man das Vergnügen, ganz besondere Menschen kennenlernen zu können. Dabei hilft Kollege Zufall häufig kräftig mit. So auch gestern, als meine Frau Ute einen Anruf unseres örtlichen Reitvereins bekam. Wanderreiterin Megan Lewis hatte sich Schutterwald als Station auf ihrem Weg ausgesucht und ich habe Ute begleitet, um Fotos für die Zeitung zu machen und bei Bedarf ein wenig zu dolmetschen.
„Ich liebe es, zu reiten und wollte schon immer eine große Tour machen“, sagt sie lachend auf die Frage, wie sie denn auf die Idee kam, zwischen zwei Olympischen Spielen vom einem Austragungsort zum nächsten zu reiten. Die Liebe zum Reiten nimmt man der ehemaligen Geografieprofessorin aus Wales noch einmal mehr ab, wenn man von ihrem schweren Sturz nur neun Tage nach ihrem Aufbruch aus Peking erfährt, der mit Schlüsselbein- und Rippenbrüchen sowie einer punktierten Lunge eine Operation erforderlich machte. Drei Monate warf sie dies in ihrer Planung zurück.
Die weiteren, vielen tausend Meilen verliefen ohne weitere Stürze oder gesundheitliche Probleme. „Die größten Hindernisse und Herausforderungen waren die Grenzen“, erzählt Megan. So saßen sie, ihre Pferde und ihr Begleitfahrzeug, drei Wochen an der Grenze zwischen der Ukraine und Ungarn fest, weil angeblich Papiere fehlten. In die EU durften sie nicht einreisen, in die Ukraine durften sie aber auch nicht zurück.
Ihre Reise ist ein großes Abenteuer, bei dem es darum geht, den Olympischen Gedanken vom Austragungsort der Olympischen Spiele 2008 in Peking Zu dem 2012 in London zu bringen. Aber nicht nur das. Gleichzeitig nutzt sie ihre wachsende Bekanntheit, um auf ihrem Weg Geld für die Wohltätigkeitsgesellschaft ihres Mannes, Callenge Aid zu sammeln. „Und es geht viel darum, Menschen und Kulturen zu begegnen“, sagt Megan. So langsam bin ich auch wieder ins Englische reingekommen und habe mich in den offenbar walisischen Akzent hineingehört.
Megan erzählt von verlassenen Schluchten entlang der Seidenstraße und den Weiten der kasachischen Steppe. Unwillkürlich muss ich an die BBC Serie „The Long Way Round“ denken, in der Ewan McGregor und Charlie Boorman auf Motorrädern in östlicher Richtung von London nach New York fahren und die gleichen Länder passieren. Darauf angesprochen lacht Megan: „Jaaa, aber die Beiden hatten ein riesen Team!“ Sie hat die Planung und Organisation zum großen Teil selbst gemacht, Routen ausgewählt und sich um Visa gekümmert. „Aber ohne die viele Unterstützung der Menschen vor Ort hätte es nicht funktioniert“, sagt Megan und spielt dabei auch auf die Routenplanung in Österreich an, bei der die zahlreichen Reitverbote zu berücksichtigen waren. „Darüber musste man sich in Kasachstan keine Gedanken machen“, schmunzelt sie.

Ich könnte mich noch stundenlang mit Megan Lewis unterhalten. Mittlerweile sind wir bei den Tücken der chinesischen Sprache angekommen, die sie als Vorbereitung auf ihre Reise studiert hat. „Je weiter ich nach Westen komme, desto schlechter werden meine Sprachkenntnisse. Chinesisch war noch am besten, Russisch ging so und mein Deutsch ist praktisch nicht existent. Dafür spreche ich ein wenig Französisch“, erzählt sie und bei jedem Satz spielt dieses Lächeln der Begeisterung für das, was sie tut um ihre Lippen.

Megan Lewis ist eine faszinierende Persönlichkeit und weil man eine Lady ja nicht nach ihrem Alter fragt, habe ich es einfach gegoogelt. Es macht die Sache noch viel beeindruckender, wenn man weiß, dass Megan Lewis vierundsechzig Jahre jung ist.
Ich bin gespannt, ob es ein Buch über ihre Erlebnisse geben wird. Auf der Website www.thelonghorseride.com wird so etwas angedeutet. Bis dahin kann man sich in Megans Blog unter thelonghorseride.blogspot.de festlesen.
Morgen wird Megan die Grenze nach Frankreich überqueren und zur Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in London eintreffen.
„It has been a great pleasure to meet you“ verabschiede ich mich, und selten war diese Floskel so wahr.

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